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Software
für die Kälte-, Klima- und Energietechnik |
Beispiel
für optimierte Anlagentechnik:
Indirekt verdampfende Kälteanlage mit
1,6 MW Leistung und hoher Energieeffizienz
(Artikel
aus: "DIE KÄLTE + Klimatechnik"
- 10/2008 - Autoren: Christoph Peters,
Sven Schulte - Meerbusch und Vilim Mergl-
Duisburg- )
Wenn der Kältefachmann
indirekte Kühlung hört, denkt er sofort
an geringere Energieeffizienz. Physikalisch
gesehen ist das korrekt: Indirekte Kältesysteme
haben einen Wärmeübergang mehr und Verdampfen
damit tiefer als ein direkt verdampfendes
System. Und indirekte Systeme brauchen
eine Pumpe, die den Kälteträger umwälzt,
die erheblich zum Energieverbrauch beiträgt.
In der Praxis müssen diese Verhältnisse
aber immer relativ betrachtet werden.
Mit den bekannten alten Konzepten, neuer
Technologie, exakter Planung und genauer
Berechnung können auch mit indirekter
Kühlung für viele Anwendungen optimale
Lösungen gefunden werden. Ein Beispiel
für solch eine Anlage läuft seit einem
Jahr.
In Sommer 2007 ging im Thüringischen Arnstadt,
der Heimatstadt Johann Sebastian Bachs,
eine indirekte Kälteanlage mit 1,6 MW
installierter Leistung in Betrieb. Gekühlt
wird ein komplettes Werk zu Herstellung
von Wurstwaren. Die in Meerbusch ansässige
Firma Kälte-Klima-Peters
installierte die Anlage
in nur vier Monaten Bauzeit parallel während
des Neubaus des gesamten Gebäudes. Von
der Warenanlieferung, der Konfektionierung
über das Schneiden, Pökeln bis zur Lagerung
und zum Warenausgang sowie den Lüftungsgeräten
für die Klimaanlage werden alle Bereiche
der Normalkühlung zentral von einer Anlage
versorgt. Die Vorlauftemperatur beträgt
-8°C, die Rücklauftemperatur -4,5°C. Das
benötigte Temperaturniveau in den verschiedenen
Bereichen liegt dabei zwischen den +2°C
für die Lagerräume und bis zu 14°C in
den Verarbeitungsräumen. Die vier separaten
Kältekreisläufe werden mit R 404A als
Kältemittel betrieben und verfügen über
je einen Bitzer CSH9571-240Y Schraubenverdichtern.
Natürlich verfügen die Kreisläufe über
einen Economizer zur Flüssigkeitsunterkühlung.
Als Verdampfer dienen Alfa Laval Rohrbündel-wärmeaustauscher,
die wiederum über einen 9 m³ großen Pufferspeicher
ein Rohrnetz mit 90 Güntner Luftkühlern
unterschiedlichster Bauart versorgen.
Dabei wurden Blasweite, Luftführung und
Luftvolumenströme den unterschiedlichen
Anforderungen angepasst. Die Abwärme wird
über vier Güntner Verflüssiger direkt
über dem Maschinenraum angeführt. Auf
der hydraulischen Seite sorgen zwei von
KSB gelieferte drehzahlgeregelte Hauptpumpen
und vier Ladepumpen, ebenfalls von KSB,
für die nötige Zirkulation des Kälteträgers.
Zum Einsatz kommen 38 m³ eines Gemisches
von Wasser und Mono-Propylenglykols, in
diesen Fall Friogel von Climalife
- Dehon, mit einer Frostsicherheit
von -15°C. Abgerundet wird die Anlage
von einer Siemens S7, einer "Speicher
Programmierbaren Steuerung", kurz SPS.
Geliefert und programmiert wurde diese
vom Ingenieurbüro ISS,
ebenfalls aus Meerbusch. Mit dieser flexiblen
Steuerung könnten alle relevanten Betriebszustände
der Anlage erfasst und geregelt werden.
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Welches
Anlagenkonzept bietet die optimale Lösung |
In
der Konzeptphase wurden verschiedene Varianten
über Direktverdampfung mit R 134a, mit
R 404A, überflutete Verdampfung mit Ammoniak
oder auch der Einsatz CO2 diskutiert,
um zu einer optimalen Lösung zu kommen.
Schnell wurde aber allen Beteiligten bewusst,
das zwei spezielle Probleme den Einsatz
von Direktverdampfung unmöglich machen:
Die große Leistung und die großen Entfernungen.
Bei einer Kälteleistung von 1600 kW und
Entfernungen von bis zu 350m hätten Rohrdimensionen
installiert werden müssen, die kommerziell
nicht verfügbar oder schlichtweg nicht
bezahlbar sind. Auch die überflutete Verdampfung
mit Ammoniak, energetisch mit Abstand
die beste Lösung, schied aufgrund der
hohen Kosten aus. Eine weitere, äußert
wichtige Systemanforderung war eine möglichst
große Flexibilität. Was bedeutet, dass
Erweiterung und Änderungen im Betrieb
der Anlage möglich sein sollten. Die Praxis
zeigt, dass auch nach Inbetriebnahme von
Anlagen in dieser Größenordnung noch zusätzlich
Kühlstellen eingefügt werden müssen. Aber
auch Änderungen im Betriebsablauf erfordern
häufig andere Konstellationen der Wärmeaustauscher.
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Auswahlkriterien
für das richtige Rohrsystem |
Letztendlich
fiel die Entscheidung auf die indirekte
Kühlung. Das Fließverhalten des Kälteträgers
und die Viskosität ist bei dem Temperaturniveau
von -8/-4,5°C noch in einem recht guten
Bereich, was die zu erwartenden Pumpenleistungen
nicht in astronomische Höhen schießen
lassen wird. Für die Rohrleitungen kälteträgerseitig
wurde das PE-100 Rohrsystem von Georg
Fischer aus der Schweiz, kurz auch mit
GF-Rohr genannt, favorisiert. Die Installation
des komplexen und weit verzweigten Rohrnetzes
während des Baus des Gebäudes hätte Löt
und Schweißarbeiten äußert schwierig und
aufwändig gemacht. Da die Herstellung
der Verbindungen innerhalb der Rohrleitungen
ohne offene Flamme möglich ist, konnte
parallel mit anderen Gewerken das Rohrnetz
ohne erhöhte Sicherheitsanforderungen
erstellt werden. Ferner kann bei dem GF
- System während des Betriebes, ohne die
Leitungen zu entleeren, T-Stücke mit Anbohrschellen
in das bestehende Rohrnetz eingefügt werden.
Klare Argumente, die neben den anderen
Vorteilen, Korrosionsbeständigkeit, Gewicht
und natürlich Preis, den Ausschlag für
die Wahl dieses Systems gaben. |
Optimale
Auslegung und Regelung der Kaltwassersätze |
Die
zentrale Anordnung aller kältetechnischen
Komponenten in einem Maschinenraum bietet
für die Regelung zahlreiche Vorteile.
Da durch die indirekte Kühlung nur vier
Rohrbündelverdampfer zum Einsatz kommen,
konnten diese ohne hohe zusätzlich Investitionskosten
mit elektronischen Expansionsventilen
statt mit thermostatischen Ventilen ausgerüstet
werden. Durch die geringeren zum Betrieb
notwendigen Differenzdrücke zwischen Hoch-
und Niederdruckseite konnte die minimal
zulässige Verflüssigungstemperatur deutlich
gesenkt werden. Das Ergebnis ist ein in
der Übergangszeit und im Teillastbetrieb
der Anlage deutlich höherer COP, d.h.
geringerer Energieverbrauch als beim Einsatz
von thermostatischen Ventilen. Bei Direktverdampfung
wäre dies mit immens höheren Aufwand und
Kosten verbunden gewesen: je der 90 Kühlstellen
hätte ein eigenes Expansionsventil mit
entsprechender Regelung benötigt.
Bei der indirekten Kühlung kann jede Kühlstelle
individuell mit Zweiwege-Ventilen oder
Mischventilen geregelt werden, was den
Aufwand verringert. Durch die effiziente
Regelung des Kälteerzeugers auf der Verflüssigungsseite
wird die tiefere Verdampfungstemperatur
im Vergleich zum direktverdampfenden System
mehr als kompensiert. Ferner ist der Transport
des Kälteträgers, verglichen mit dem Mehraufwand
an Energie durch Verluste in den Saugleitungen,
bei langen Strecken weniger energieaufwändig.
Auch die Auslegung der Verflüssiger erfolgte
nicht auf die üblichen 45°C sondern auf
40°C Verflüssigungstemperatur. Zusammen
mit der Verwendung des Economizers wird
damit über einen weiten Bereich der COP
verbessert. Bei der Entscheidung, welches
Kältemittel zum Einsatz kommt, fiel die
Entscheidung auf R 404A. Obwohl R 134a,
gleiche Verdampfungs- und Verflüssigungstemperaturen
vorausgesetzt, einen besseren COP hat,
konnte man in Vorfeld simulieren, das
in Kombination mit der Regelung, dem Economizer
und den elektronischen Expansionsventilen
für diese Anlage R 404A mit R 134a energetisch
gleichwertig ist! Dafür konnte die Anlage
mit vier Verdichtern statt mit sechs bei
R 134a realisiert werden. Um die hohe
Energieeffizienz abzurunden sind zwei
der Kreisläufe mit Plattenwärmeaustauschern
in der Druckleitung zur Wärmerückgewinnung
ausgerüstet. Realisiert wird das Ganze
durch eine Siemens S7 Steuerung. Es wurden
mehrere CPU's zur Regelung der Verdichter,
der kompletten Lüftung und der Kälteanlage
eingesetzt.
Die interne Kommunikation läuft über Ethernet,
so dass über einen VPN Chanel die Steuerungssoftware
änderbar ist, sowie eine Fernvisualisierung
des 15" Touchpanel realisiert wurde. Störungen
der Anlage werden als E-Mail und SMS abgesetzt.
Um eine energieeffiziente Regelung zu
erzielen werden die Kältemittelmassenströme,
die Stromaufnahmen und natürlich die relevanten
Temperaturen und Drücke der Kältemaschinen
erfasst. So wird der COP Wert der Anlage
ermittelt, angezeigt und in Diagrammform
aufgezeichnet. Der Kunde hat auf diese
Weise die Möglichkeit die Energieeffizienz
und den vertraglich festgelegten COP Wert
überwachen zu können. Jede Kühlstelle
ist mit einem Ausblastemperatursensor
ausgerüstet, um die Effizienz eines jeden
Kühlers Überwachen zu können. Hauptaugenmerk
bei dem Steuerungsprogramm für die Kältemaschinen
ist es, eine optimale und möglichst lineare
Verdampfungstemperatur zu erzielen um
ein best mögliches Regelverhalten für
die elektronischen Expansionsventile zu
erlangen. |
Richtige
Berechnung des Druckverlustes |
Großes
Augenmerk wurde auf die Auslegung der
Pumpen gelegt. Exakte Bestimmung des Volumenstromes
und der Druckerhöhung sind ein entscheidendes
Kriterien für eine effiziente Anlage.
Die Berechnung des weitverzeigten Rohrnetzes
stellt eine Herausforderung dar, da der
Anteil am gesamten Druckverlust ca. 50%
beträgt und von vielen Faktoren abhängt.
Vorgenommen wurde die Berechnung mit der
Software CoolTool,
einer Gesamtlösung zur Anlagenplanung
vorgenommen, da hier aus anderen Projekten
gute Erfahrungen mit der Genauigkeit der
Berechnungen vorlagen. Insbesondere können
hier die Besonderheiten der verwendeten
Rohrleitung, Gleichzeitigkeitsfaktor und
alle Randparameter eingestellt bzw. variiert
werden können. Ferner werden alle relevanten
Dokumentationen, RI-Fließbilder, Montageanweisungen
und Berechnungsprotokolle automatisch
erstellt. In mehreren Durchläufen wurde
die optimale Konstellation auch hinsichtlich
der möglichen statischen Lasten durchgespielt.
Die maximalen Rohrdimensionen waren hier
durch die maximalen Auflagelasten innerhalb
der Dachkonstruktion begrenzt. Schließlich
konnte eine optimale Rohrdimensionierung
gefunden wurden, die einen akzeptabel
Druckverlust mit nicht zu großen Rohrdimensionen
kombiniert. Die größte im Gebäude zu installierende
Rohrdimension konnte auf DN 250 begrenzt
werden, wobei das Rohrnetz noch 10% Reserrve
hat. Auf der Basis der Berechnungen konnten
die Hauptpumpen von KSB genau für den
Betriebspunkt geliefert werden: insgesamt
450 m³/h Volumenstrom müssen bei einer
Druckdifferenz von 2,4 bar bereitgestellt
werden, was in der Praxis 24m Druckhöhe
entspricht. Dabei wurden die Pumpen zur
Sicherheit 30% größer dimensioniert als
ursprünglich berechnet. |
Hydraulischer
Abgleich für das gesamte Rohrnetz |
Neben
der richtigen Berechnung des zu erwartenden
Gesamtdruckverlustes ist ein korrekter
hydraulischer Abgleich Grundvoraussetzung
für einen energetisch optimalen Betrieb
der Anlage. Gemäss EnEV ist es auch in
verschiedenen Normen, wie z.B. der DIN
EN 12831 aber auch in der VOB verankert,
dass energietechnische Systeme von einem
Fachplaner hydraulisch abgeglichen werden
müssen. Hintergrund ist die Vermeidung
von hydraulischen Kurzschlüssen, d.h.
Überversorgung der Bereiche mit geringem
Druckverlust und damit Unterversorgung
der Bereiche mit hohem Druckverlust. Üblicherweise
verlegte man in der Vergangenheit die
Rohre nach dem Schema von Tichelmann,
einer einfachen, mit den gesunden Menschenverstand
nachzuvollziehenden Rohrschaltung, die
ohne zusätzliche Berechnungen auskommt.
Nachteil dieser Methode ist, dass man
eine Menge zusätzlicher Rohrleitungen
installieren muss, was die Kosten hochtreibt.
Um diese zusätzlichen Installationskosten
zu vermeiden wurde häufig stattdessen
mit erhöhten Pumpenleistung gearbeitet:
Durch erhöhten Volumenstrom und höherer
Druckdifferenz wurde der benötigte
Volumenstrom auch an den Stellen der Anlage
mit hohem Druckverlust sichergestellt.
Allerdings auf Kosten der Leistungsaufnahme
der Pumpen. Eine alte Faustregel lautet,
das die Pumpen 20% der Kälteleistung
benötigen.
Stand der Technik ist heute aber der Einsatz
von Strangregulierventile, die das gleiche
Ziel haben wie die Schaltung nach Tichelmann:
An den Stellen mit geringerem Druckverlust
den widerstand etwas erhöhen, so
dass alle Verbraucher den gleichen Druckverlust
haben. Auch wenn es paradox klingt: Mit
den zusätzlichen Widerständen
an der richtigen Stelle lässt sich
die Energieeffizienz erhöhen. Allerdings
müssen hierbei die Einstelldaten
im Vorfeld berechnet werden. Bei der vorliegenden
Anlage war man mit den 90 Kühlstellen
mit einem kompletten Hydraulischen Abgleich
vor eine große Herausforderung gestellt.
Jeder Verbraucher hat einen anderen Volumenstrom
und einen anderen Druckverlust hat, der
sich aus verschiedensten Anteilen wie
Rohrreibung, Zweiwegeventil, Wärmeaustauscher,
etc. besteht. Dieser muss mit allen anderen
Kühlstellen in Beziehung gebracht
werden muss, um den individuellen Einstellwert
für jedes Ventil zu berechnen. Auch
dies konnte schnell und genau mit CoolTool
realisiert werden: Alle notwendigen Daten
konnten vom Programm entweder errechnet
oder extern mit eingefügt werden,
wie die Druckverluste in den Güntner
Luftkühlern. Dadurch werden alle
Kühlstellen mit einander in Beziehung
gesetzt und der Einstellwert für
das jeweilige Strangregulierventil kann
auch oder als kv-Wert ausgegeben werden.
Hilfreich für die Montage war dabei,
das die Werte auch direkt in einer Zeichnung
ausgedruckt werden konnten. |
Der
Betrieb der Anlage reproduziert die Berechnungen |
Nach
der Planungsphase kam schnell die Montage.
Erstaunt war man bei der Lieferung über
die Größe der beiden Hauptpumpen: So klein
hatte man die sich, auch wegen der 30%
Überdimensionierung, nicht vorgestellt.....
Bei Inbetriebnahme könnte anhand der berechneten
Einstelldaten der hydraulische Abgleich
schnell vorgenommen werden, da die verwendeten
Zweiwegeventile über eine entsprechende
Einstellskala verfügen. Nach Anfahren
der Anlage mit allen Kühlstellen pendelte
sich der Betrieb der Anlage ein: der berechnete
Gesamtdruckverlust von 2,4 bar zwischen
Vor- und Rücklauf und die berechnete Leistungsaufnahme
von rund 30 kW der Pumpen wurden nicht
ganz erreicht, wie man über die SPS sofort
erkennen konnte. Damit liegt der Leistungsbedarf
der Pumpen nicht bei 20% sondern bei weniger
als 2% der Kälteleistung. Die 30% Sicherheit
bei den Hauptpumpen wäre gar nicht nötig
gewesen, stört aber auch nicht, da die
SPS die Mehrleistung leicht kompensieren
kann. Nach Inbetriebnahme wurde die Anzahl
der Kühlstellen um weitere 10 erhöht.
Dies konnte im Betrieb vorgenommen werden.
Durch die vorliegende Dokumentation des
Rohrnetzes kann der an einer Stelle noch
anliegende Druck einfach abgelesen werden.
Nach Installation kann auch diese zusätzliche
Kühlstelle mit einem Strangregulierventil
in den Hydraulischen Abgleich mit eingefügt
werden.
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Fazit: |
Man
nehme: Ein altes Konzept mit neuen Technologien
und detaillierter Planung. Die SPS - Steuerung,
die elektronischen Expansionsventile,
der Economizer, die Wärmerückgewinnung,
die großen Verflüssiger, die Verwendung
von GF-Rohr, korrekte Druckverlustberechnung
und ein akkurater Hydraulischer Abgleich
zusammen mit Erfahrung, aber auch Mut
zur Innovation, machen aus einer einfachen
indirekten Kühlung anspruchsvolle Kältetechnik
auf hohen Technologischem Niveau mit hoher
Energieeffizienz. |
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